Labyrinthe gehören seit Jahrtausenden zur menschlichen Architektur und erfüllen religiöse, meditative und gestalterische Funktionen. Die Kathedrale von Chartres bewahrt eines der berühmtesten mittelalterlichen Bodenmosaike Europas, das Pilger auf einem 13 Meter breiten Weg aus blauen und weißen Steinen führt. Englische Schlösser wie Hampton Court entwickelten ab dem 16. Jahrhundert Heckenlabyrinthes als Teil ihrer formalen Gärten, während italienische Renaissance-Villen geometrische Steinmuster in ihre Terrassen integrierten. Die Sammlung umfasst auch unterirdische Strukturen wie die Katakomben von Paris, deren verschlungene Gänge ursprünglich Steinbrüche waren, oder die römischen Zisternen von Istanbul mit ihren Säulenreihen. Jede Epoche und Region entwickelte eigene Techniken: mittelalterliche Steinmetzarbeiten in Kathedralen, barocke Gartenarchitektur mit geschnittenen Hecken, oder präkolumbianische Tempelanlagen mit rituellen Pfaden. Diese Orte dokumentieren verschiedene Baumethoden, von der Verlegung farbiger Steinmosaike über die Anlage mehrstufiger Gartenparcours bis zur Konstruktion unterirdischer Gewölbe. Sie bieten Einblicke in historische Handwerkskunst und die symbolische Bedeutung des Labyrinths in verschiedenen Kulturen.
Chartres, Frankreich
Dieses Labyrinth aus dem 13. Jahrhundert erstreckt sich über den Boden des Mittelschiffs der Kathedrale von Chartres. Die kreisförmige Anlage misst etwa 13 Meter im Durchmesser und besteht aus abwechselnd schwarzen und weißen Steinplatten, die ein komplexes geometrisches Muster bilden. Der Weg führt über elf konzentrische Kreise und erstreckt sich über eine Länge von etwa 260 Metern bis zum Zentrum. Pilger nutzten diesen Weg traditionell als symbolische Reise nach Jerusalem, indem sie ihn kniend oder schreitend zurücklegten.
Wiltshire, England
Das Heckenlabyrinth auf dem Gelände von Longleat House erstreckt sich über 2,8 Kilometer gewundener Pfade, die von etwa 16.000 englischen Eiben gebildet werden. Diese Anlage wurde 1975 angelegt und gehört zu den größten ihrer Art in Europa. Die Besucher navigieren durch die dichten Eibenhecken auf der Suche nach dem Zentrum des Labyrinths.
Venedig, Italien
Das Labyrinth der Villa Pisani wurde im 18. Jahrhundert für die venezianische Adelsfamilie Pisani angelegt und besteht aus hohen Buchsbaumhecken, die ein komplexes Wegesystem bilden. Im Zentrum erhebt sich ein zweistöckiger Turm mit einer Wendeltreppe, von dem aus Besucher das gesamte Heckenlabyrinth überblicken können. Die symmetrische Anlage erstreckt sich über neun konzentrische Ringe und wurde nach französischem Vorbild gestaltet. Napoleon Bonaparte soll sich bei seinem Besuch im Jahr 1807 in den verschlungenen Gängen verirrt haben. Das Labyrinth gehört zur Villa Pisani, einem barocken Palast am Brenta-Kanal.
Barcelona, Spanien
Der Parc del Laberint d'Horta wurde 1794 als erster historischer Garten Barcelonas angelegt und vereint italienische und französische Gartenbautraditionen. Das Herzstück bildet ein Labyrinth aus 750 Metern Zypressenhecken, das Besucher zu einer zentralen Statue des Eros führt. Entlang der gewundenen Pfade stehen Skulpturen griechischer Gottheiten wie Ariadne und Dionysos. Der obere Teil des Parks zeigt einen romantischen Garten mit Wasserfällen, Kanälen und einem neugotischen Pavillon, während die unteren Terrassen streng geometrisch nach neoklassischem Vorbild gestaltet sind.
London, England
Dieses Labyrinth aus Eiben wurde 1690 im Auftrag von Wilhelm III. von Oranien angelegt und erstreckt sich über eine Fläche von etwa einem halben Hektar in den königlichen Gärten. Das trapezförmige Heckenlabyrinth verfügt über Wege mit einer Gesamtlänge von 800 Metern, die sich durch Eibenwände schlängeln, welche heute bis zu zwei Meter hoch wachsen. Der zentrale Punkt des Labyrinths ist durch eine erhöhte Plattform gekennzeichnet, von der aus Besucher ihre Route planen können. Das Labyrinth von Hampton Court diente als Vorbild für zahlreiche weitere Gartenlabyrinthe in Europa.
Oahu, Hawaii
Das Labyrinth der Dole Plantage erstreckt sich über zwei Hektar auf der Insel Oahu und besteht aus über 14.000 einheimischen hawaiianischen Pflanzen. Die verschlungenen Wege führen durch Abschnitte mit Ananas, Hibiskus und Helikonien, die das tropische Ökosystem der Inseln repräsentieren. Besucher können die verschiedenen botanischen Sammlungen erkunden, während sie sich durch die geometrisch angelegten Pfade bewegen.
Castlewellan, Nordirland
Das Labyrinth besteht aus 6000 Eibenbäumen und wurde im Jahr 2000 von der lokalen Gemeinschaft gepflanzt.
Wieliczka, Polen
Die Mine von Wieliczka bildet ein unterirdisches Labyrinth aus neun Ebenen, die sich bis zu 327 Meter unter der Oberfläche erstrecken. Dieses Salzbergwerk wurde vom 13. Jahrhundert bis 2007 betrieben und umfasst 287 Kilometer Stollen und Kammern, die vollständig im Steinsalz ausgehauen wurden. Die Bergleute schufen im Laufe der Jahrhunderte Kapellen, Skulpturen und Reliefs direkt im Salz. Die unterirdischen Räume enthalten Seen mit salzhaltigem Wasser und zeigen die geologischen Schichten des Minerals.
Kent, England
Das Labyrinth des Schlosses Leeds wurde aus 2400 Eiben angelegt, die in einem kreisförmigen Muster angeordnet sind. Im Zentrum dieser Anlage befindet sich eine unterirdische Grotte, die den Besuchern einen besonderen Zufluchtsort bietet. Die dichten Eibenhecken bilden verschlungene Wege, die sich durch das historische Gelände ziehen. Dieses Labyrinth verbindet die Gartenkunst mit den architektonischen Elementen des Schlosses und seiner Umgebung.
Parma, Italien
Das Labirinto della Masone erstreckt sich über acht Hektar und bildet das größte Labyrinth aus Bambus weltweit. Franco Maria Ricci ließ die Anlage zwischen 2005 und 2015 errichten. Mehr als 200.000 Bambuspflanzen verschiedener Arten bilden die Wände des komplexen Wegesystems. Das Labyrinth beherbergt ein Kulturzentrum mit einer Kunstsammlung, die Werke vom 16. Jahrhundert bis zur Gegenwart umfasst. Eine Bibliothek mit rund 15.000 Bänden dokumentiert die Geschichte der Labyrinthe und verwandter Themen. Die Anlage schließt außerdem ein Restaurant und Räume für Ausstellungen ein.
Bolchoï Zayatski, Russland
Die Steinlabyrinthe von Bolchoï Zayatski stellen eine Sammlung von 35 prähistorischen Strukturen dar, die im ersten Jahrtausend vor Christus errichtet wurden. Diese Insel im Weißen Meer beherbergt spiralförmige Steinformationen, deren Durchmesser zwischen 6 und 20 Metern variieren. Die Konstruktionen bestehen aus flachen Steinen, die in niedrigen Wällen angeordnet sind und konzentrische oder labyrinthische Muster bilden. Archäologen vermuten rituelle oder astronomische Funktionen dieser Anlagen.
Barvaux, Belgien
Das Labyrinthe de Barvaux erstreckt sich über 11 Kilometer zwischen Maiswänden, deren Muster jedes Jahr neu gestaltet werden. Die Besucher durchqueren verschiedene Bereiche mit Rätseln und Spielen, die zur Orientierung und Unterhaltung dienen. Der Parcours wird jährlich an ein neues Thema angepasst und bietet wechselnde Herausforderungen für Familien und Gruppen.
Wien, Österreich
Das Heckenlabyrinth im Schloss Schönbrunn erstreckt sich über 1715 Quadratmeter und bietet mehrere verschlungene Wege zwischen den geschnittenen Heckenwänden. Eine erhöhte Aussichtsplattform ermöglicht Besuchern, das geometrische Muster des Labyrinths von oben zu betrachten und die Anordnung der Wege zu studieren. Diese Gartenanlage wurde nach historischen Plänen aus dem 18. Jahrhundert rekonstruiert und bildet heute einen Teil der barocken Gartenanlagen des Schlosses.
Cornwall, England
Das Glendurgan Gartenlabyrinth wurde 1833 angelegt und erstreckt sich über die Hänge eines subtropischen Tals in Cornwall. Die gewundenen Pfade führen durch dichte Kirschlorbeerhecken, die im Laufe von fast zwei Jahrhunderten zu ihrer heutigen Höhe herangewachsen sind. Das Labyrinth endet in der Mitte bei einer kleinen Hütte mit Strohdach, die als Ruhepunkt für Besucher dient, die den Weg durch die verschlungenen Gänge gemeistert haben.
Australien
Das Ashcombe-Labyrinth liegt in der ländlichen Region von Shoreham auf der Mornington Peninsula in Victoria. Die Anlage umfasst zwei Heckenlabyrinte aus Monterey-Zypressen, deren drei Meter hohe Wände aus dichtem grünem Laub bestehen. Die verschlungenen Wege führen durch geometrische Muster und laden zum Erkunden ein. Neben den Labyrinthen erstrecken sich ausgedehnte Lavendelfelder, die während der Blütezeit von November bis Januar besucht werden können. Der Garten verbindet botanische Gestaltung mit traditioneller Labyrintharchitektur und bietet Besuchern die Möglichkeit, sich in den Strukturen zu bewegen und dabei die umgebende Vegetation zu erleben.
Illinois, Vereinigte Staaten
Das Maislabyrinth der Richardson Adventure Farm erstreckt sich über 13 Hektar landwirtschaftlicher Fläche und bietet 16 Kilometer an Wegen. Das saisonale Labyrinth verfügt über verschiedene Schwierigkeitsgrade und mehrere Kontrollpunkte, die den Besuchern unterschiedliche Routen durch die Maisfelder ermöglichen. Die Farm gestaltet jedes Jahr neue Muster und Themen für das Labyrinth, das während der Herbstsaison geöffnet ist.
Schloss Andrássy, Ungarn
Das Labyrinth in den Gärten des Schlosses Andrássy wurde im 19. Jahrhundert als Teil der Parkanlage angelegt. Die Wege führen durch geometrische Muster aus Buchsbaumhecken, die nach historischen Vorbildern gestaltet wurden. Das Labyrinth erstreckt sich über mehrere hundert Quadratmeter und bildet einen integralen Bestandteil der Gartenarchitektur des Anwesens. Die Hecken erreichen eine Höhe von etwa zwei Metern und wurden über Jahrzehnte gepflegt.
Margaret River, Australien
Dieses Labyrinth besteht aus geometrisch angeordneten Hecken, die gewundene Wege durch einheimische Pflanzen und überdachte Durchgänge bilden. Die Anlage gliedert sich in verschiedene thematische Bereiche, die Besuchern eine abwechslungsreiche Erkundungstour ermöglichen. Die Gestaltung kombiniert natürliche Vegetation mit strukturierten Elementen und bietet Orientierungspunkte entlang der verschlungenen Pfade.
Loiretal, Frankreich
Der Labyrinthe de Chenonceau erstreckt sich über 1500 Quadratmeter im Renaissancegarten des Schlosses. Dieses Heckenlabyrinth besteht aus Eiben, die in geometrischen Mustern angelegt wurden und von verschlungenen Wegen durchzogen werden. Das Labyrinth fügt sich in die historischen Gärten des Château de Chenonceau ein und bietet Besuchern die Möglichkeit, durch die kunstvoll gestalteten Pfade zwischen den hohen Eibenhecken zu wandern.
Yvoire, Frankreich
Der Garten des Schlosses von Yvoire organisiert seine Wege um thematische Bereiche, die jeweils einen der fünf Sinne ansprechen. Die Besucher durchqueren Abschnitte mit aromatischen Kräutern zum Riechen, Pflanzen mit verschiedenen Texturen zum Berühren, bunten Blumen zum Sehen und Wasserspielen, die akustische Elemente bieten. Die Anlage erstreckt sich über etwa einen Hektar und folgt einem mittelalterlichen Gartenkonzept.
San Francisco, Vereinigte Staaten
Das Labyrinth von Lands End besteht aus konzentrischen Steinkreisen, die auf einer Klippe über dem Pazifischen Ozean angeordnet sind. Diese moderne Installation befindet sich im Lands End Park und bietet Besuchern einen Platz zur Meditation mit Blick auf das Meer und die Golden Gate Bridge. Die Steinwege folgen einem klassischen Labyrinthdesign, das Spaziergänger durch gewundene Pfade zum Zentrum führt. Die Lage auf den Felsen macht diesen Ort zu einem beliebten Ziel für Wanderer und Besucher, die Ruhe in der Natur suchen.
Amiens, Frankreich
Das Labyrinth der Kathedrale von Amiens wurde im 13. Jahrhundert in den Boden des Mittelschiffs eingelassen. Dieser Steinweg misst etwa 12 Meter im Durchmesser und führt die Besucher durch 13 Wendungen vom Eingang bis zum zentralen Punkt. Die schwarzen und weißen Steine bilden ein geometrisches Muster, das als spiritueller Pilgerweg diente. Gläubige folgten diesem Pfad auf Knien als symbolische Reise nach Jerusalem. Das Labyrinth gehört zu den erhaltenen mittelalterlichen Beispielen dieser liturgischen Tradition in französischen Kathedralen.
Essex, England
Das Saffron Walden Labyrinth wurde im Mittelalter auf dem Village Green angelegt und zeigt ein kreisförmiges Design aus Rasenwegen. Der einzelne gewundene Pfad erstreckt sich über 1,6 Kilometer vom äußeren Eingang bis zum zentralen Punkt. Mit einem Durchmesser von 30 Metern gehört dieses Rasenlabyrinth zu den größten erhaltenen Exemplaren in England. Die spiralförmige Struktur folgt einem traditionellen klassischen Muster mit mehreren konzentrischen Ringen.